Anstatt zu fragen „Was ist Kultur?“, sollten wir fragen: „Wie können wir sie beobachten und wo manifestiert sie sich?“
In „Einführung in Systemische Konzepte der Unternehmenskultur“ stellt Christina Grubendorfer zwei kraftvolle Metaphern zur Beschreibung von Unternehmenskultur vor: Kultur als Spiel und Kultur als Grammatik. Beide bieten eine Linse, durch die wir erkennen können, wie Kultur unser Verhalten und unsere Interaktionen in einer Organisation prägt.
Kultur als Spiel
Kultur kann als ein Spiel verstanden werden, mit Regeln, Spielern, Chancen auf Erfolg und Risiken des Scheiterns. So funktioniert es:
- Die Spielregeln: Die Regeln sind ungeschriebene Richtlinien, die bestimmen, was erwartet wird. Ein Bruch dieser Regeln führt zwar nicht zu formellen Sanktionen, kann jedoch Ausschluss oder verpasste Chancen zur Folge haben.
- Die Mitspieler: Jeder in der Organisation ist ein Spieler. Die Organisation braucht Spieler, doch gleichzeitig sind sie austauschbar – das Spiel geht weiter, egal wer mitspielt.
- Gewinnchancen: Das Spiel bietet Chancen für diejenigen, die die Regeln verstehen und befolgen. Diese Chancen könnten sich in Form von Karrierefortschritt oder Anerkennung zeigen. Der Erfolg hängt oft davon ab, wie gut man die kulturellen Regeln navigiert und was innerhalb der Organisation als wertvoll erachtet wird.
- Verlustrisiken: Auf der anderen Seite kann das Nichtverstehen der Regeln zu Isolation oder verpassten Möglichkeiten führen. Dies sind die Risiken des Scheiterns – die Einsätze sind hoch, wenn man nicht versteht, wie die Kultur funktioniert.
Das Spiel hat eine eigene Logik, die unabhängig von den Interessen einzelner Spieler ist, und diejenigen, die erfolgreich sind, haben dies erreicht, indem sie innerhalb dieser unsichtbaren Grenzen agiert haben.
Kultur als Grammatik
Die zweite Metapher, die Grubendorfer vorstellt, ist die Kultur als Grammatik. So wie die Grammatik die Regeln für Sprache vorgibt, gibt die Kultur die Regeln für Verhalten innerhalb einer Organisation vor.
Wie die Grammatik in einer Sprache formen die kulturellen Regeln uns innerhalb von Organisationen. Man denkt nicht über sie nach, bis jemand einen Fehler macht – dann wird klar, dass es ungeschriebene Regeln gibt, die alles von Zugehörigkeit bis hin zur Entscheidungsfindung beeinflussen.
Genauso wie man erkennen kann, wenn jemand eine neue Sprache lernt, indem er Fehler macht, können erfahrene Mitglieder einer Organisation erkennen, wenn jemand neu in der Kultur ist. Sie brechen möglicherweise unwissentlich kulturelle „Regeln“ in Kommunikation, Feedback oder Verhalten. Auf die gleiche Weise fühlen sich kulturelle Fehltritte für diejenigen „falsch“ an, die mit den Normen der Organisation vertraut sind.
Das Verständnis beider Metaphern – Kultur als Spiel und Kultur als Grammatik – zeigt, warum Kulturwandel ein langfristiger Prozess ist. Man ändert die Regeln nicht über Nacht; es geht darum, Verhaltensweisen und Interpretationen neu zu formen und langsam die kulturelle „Grammatik“ der Organisation neu zu schreiben.
